Ein Reisebericht von Steffen Janitza
Im Jahr 2010 durfte ich an einer überwältigenden Reise teilnehmen. Das Konfuziusinstitut Berlin lud zu einer zweiwöchigen Reise nach und durch China ein. Diese Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen. Schnell war ich angemeldet, das Visum beantragt und der Koffer gepackt. Ich war bereits vier Jahre zuvor in China gewesen. Damals als Austauschschüler in einer Gastfamilie für zehn Tage. Dieses Mal wollte ich eine andere Erfahrung machen: Sommerschule!
In Berlin am Flughafen trafen wir, die 64 Schüler, uns das erste Mal und bestiegen gemeinsam das Flugzeug von Hainan-Airlines zu unserem Direktflug nach Beijing. Nach neun Stunden landeten wir sicher und wohlbehalten in Beijing. Gleich nach der Landung wurden uns sechs Stunden des Tages genommen, aber wir waren guten Mutes, denn wir wussten, die kriegen wir zurück!
Schon eine Stunde nach der Landung sammelten wir die ersten kulinarischen Eindrücke von Beijing. Wir aßen in einem der vielen chinesischen Fastfood Restaurants, die wir während unserer Reise kennenlernten. Es gab die uns später vertraut werdenden Gerichte wie „Rind in scharfer Sauce und scharfem Gemüse“, „Schwein in süß-saurer Sauce“, „Hühnchen auf Gemüse“ und weiteres. Natürlich durfte auch der Reis als Beilage nicht fehlen. Nach dem Hauptgang kam dann die Suppe und zum Abschluss noch etwas Obst (meist Melone).
Bei dieser ersten Raubtierfütterung gab es von Seiten der Raubtiere noch kaum etwas zu beanstanden, doch das sollte sich in den nächsten zwei Wochen noch deutlich ändern. Nur die Vegetarier fühlten sich sehr benachteiligt, doch nach diesem ersten Eindruck, waren unsere Gastgeber stets bemüht an unsere vier Vegetarier zu denken.
Auch nach der Ankunft im Hotel war noch kein Ende des nun schon 24 Stunden dauernden Tages abzusehen, denn es stand noch die Besichtigung der Wangfujing , Beijings größter Fußgängerzone und Geschäftsstraße, auf dem Plan. Kleine Grüppchen erkundeten schnell die Wangfujing denn schon nach einer Stunde sollte es zum gemeinsamen Essen im obersten Stockwerk eines Kaufhauses gehen.
Nach dem Essen, das ähnlich wie das Mittagessen gestaltet war, gab es eine chinesische Geburtstagstorte, denn eine Mitreisende hatte Geburtstag. So kamen wir in den Genuss chinesischer Sahne. Doch mussten viele feststellen, dass die nicht so wie deutsche Sahne schmeckt.
Nach dem Essen hatten einige wohl noch immer nicht genug gegessen, denn eine kleine Gruppe von Niedersachsen und Berlinern wollte noch auf den Nachtmarkt. Eine Seitenstraße der Wangfujing, in der man ab Einbruch der Dunkelheit Leckereien wie Skorpione am Spieß frittiert, Vogelspinnen, Raupen oder Hauschrecken bekommen kann. Natürlich probierte ich mit acht anderen Skorpion. Ein bisschen enttäuscht war ich ja schon, dass es nur nach Salz schmeckte, aber es war ein schöner Nervenkitzel den giftigen Skorpion mit Haut und Stachel zu essen.
Am darauffolgen Tag wurden wir von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gebracht und unserem Reiseleiter für Beijing Mi fehlten nie die Worte und wusste immer genau zu informieren. Wir reisten quer durch die Zeit, von der kaiserlichen „Verbotenen Stadt“, über den zu trauriger Berühmtheit gelangten TianAnMen Platz, in die Hanban/Konfuziusinstitut Zentrale und zum Olympischen Dorf. Es war der Tag an dem wir die größte Strecke zu Fuß zurücklegen sollten, hatte uns Mi versprochen, doch er hatte keine Ahnung was in Shandong auf uns wartete.
Am Abend traf ich mich mit meiner Gastfamilie und wir tauschten uns über die vergangene Zeit aus. Am nächsten Tag wollten wir zur Mauer bei Badaling, vorher besuchten wir aber noch eine Cloisonné-Fabrik. Die eher unbekannte Version der Ming-Vasen aus einer Art Schlamm, die auf besondere Weise schön bemalt sind.
Die Mauer war sehr beeindruckend, aber wie die meisten Sehenswürdigkeiten sehr überlaufen. Dafür hatten wir oben einen schönen, wenn aber auch durch Smog eingeschränkten Ausblick. Im Anschluss besichtigten wir noch den Himmelsaltar, bevor wir am Nachmittag endlich die Gelegenheit hatten richtig chinesisch zu handeln auf einem Perlenmarkt. Abends traf ich mich schließlich mit zwei weiteren Austauschschülern von vor vier Jahren.
Natürlich durfte der Sommerpalast im Touristenprogramm nicht fehlen. Doch auch hier hatten wir für eine genaue Besichtigung zu wenig Zeit. Mi informierte uns wieder zum Sommerpalast und ließ uns etwas Zeit das Gelände selbst zu erkunden. Viele waren davon beeindruckt, dass die erhaltene Anlage nur ein Teil des ursprünglichen Sommerpalastes war. Aber auch das war nur ein weiterer Beweis dafür wie groß alles in China ist: Die Plätze, die Städte, die Parkanlagen, ….
Am Nachmittag besichtigten wir noch schnell eine Seidenfabrik, in welcher uns der Prozess von der Seidenraupe zur Seide erklärt wurde, bevor wir schon in der Beida erwartet wurden und zum Studium im Ausland informiert wurden. Danach gab es noch eine kleine Führung über den Campus. Ich fuhr danach auf eigene Faust quer durch die Stadt zu meinem Austauschschüler. Die Eltern waren erstaunt, wie ich das geschafft hatte, denn ihr Neffe hätte es nicht einmal geschafft deren Wohnung zu finden, aber ich fand das überhaupt nicht schwer.
Am Abend waren wir Peking-Ente essen, doch leider schmeckte die nicht so gut, wie vor vier Jahren. Aber dennoch war die Peking Ente 1000 Mal besser als das zum Standard gewordene „Fast-Food“. Danach durfte ich dann noch „The Place“ besuchen, eine überdachte Fußgängerzone mit einem 100m langen Bildschirm an der Decke. Und schon hieß es Abschied nehmen von Familie Chang, Peking und dem hiesigen Essen.
In Shandong wurden wir am nächsten Tag auch wieder mit ähnlichen Fast-Food essen wie wir es schon die letzten Tage kennengelernt hatten begrüßt, doch stellten wir einen Zuwachs von Fischgerichten fest. Außerdem wurde sich mehr Mühe gegeben den Vegetariern gerecht zu werden, indem extra ein Tisch eingerichtet wurde, an dem mehr vegetarische Gerichte serviert wurden. Doch auch hier fanden sich die Vegetarier nachteilig behandelt, aber was soll man erwarten in einem Land, dass keine Vegetarier kennt.
Generell wurde viel gemäkelt an dem ersten Essen in Shandong. Doch das änderte sich schließlich sehr stark an dem Abend als es Huoguo gab. Es war der Abend, an dem ich keine Mäkeleien über das Essen hörte. Wie auch, denn hier konnte man sich das Essen selber aussuchen, dass man in seinen Topf warf und kochte. Auch die Sauce, also die Gewürzrichtung durfte selbst ausgesucht werden. Und wer keine Würze wollte konnte die Sauce sogar weglassen. So konnte es keine Beschwerden geben.
Man konnte sich entscheiden von Rind mit Fett und ohne Fett über Fischbällchen, Tofu, MuEr, Kartoffeln, Nudeln, Glasnudeln bis Chinakohl und Blattspinat. Da soll noch einer sagen es hätte keine Auswahl und nichts für Vegetarier gegeben. Außerdem war es ein großer Spaß, weil man hier nach Herzenslust auf die Tischdecke tropfen musste um an sein Essen zu kommen. Die Chinesen, die mit uns am Tisch saßen nutzten die Soßen sehr ausgiebig. Wir Deutschen hingegen, wollten nicht die Saucen vorschmeckend haben und waren daher mit den Saucen sehr vorsichtig. Wir überall kam auch hier Melone als Abschluss. Wir lernten die Melone als Zeichen zu deuten, dass nun nichts neues mehr aufgetischt wird.
Das nächste kulinarische Highlight war als wir in unseren Gastfamilien Jiaozi machten. Teig kneten, portionieren und ausrollen. Dann wurden diese Teigfladen mit einer Fleisch oder Gemüsefüllung gefüllt und ordentlich durch Zusammendrücken verschlossen, damit sie beim Kochen nicht aufgehen. Als sie dann aus dem Kochtopf kamen wurden sie dann mit diversen Saucen (darunter natürlich auch Sojasauce) und Gemüsebeilage noch dampfend gegessen.
Der letzte Eindruck vom Essen in China wurde uns bei einem großen Buffet am Abschlussabend gegeben. Hier hatten wir eine breit gefächerte Auswahl. Über Rind am Spieß, Sushi, Jiaozi, Baozi, diverses eingelegtes Gemüse, Suppen, die typischen Fastfood Gerichte, Brot, Gemüsesäfte, Eis und Schokobrunnen. Hier schlugen viele noch einmal ohne Nörgeln zu.
Und dann ging es auch schon wieder zurück. Im Gepäck viele Geschenke und im Kopf viele Eindrücke von dem, was wir gesehen und gegessen haben. Außerdem waren die Erlebnisse in der Gruppe prägend für das weitere Leben. Ich glaube an diese Reise wird sich ein Großteil der Gruppe noch in 20, 30 oder sogar 40 Jahren erinnern. Viele haben versprochen, wieder zu kommen. Außerdem wurde uns vom gesandten Botschaftsrat vor unserer Abreise in Deutschland versprochen, dass das nicht unsere letzte Reise nach China sein wird. Dann können Erinnerung aufgefrischt werden oder neue Erfahrungen gemacht werden.
Ich hatte in meinen Lebenslauf schon seit längeren ein Auslandssemester in China eingeplant, doch jetzt bin ich mir unsicher geworden, ob ich nicht doch lieber ein Auslandsjahr mache. Ich muss auf jeden Fall wieder nach China kommen, denn ich habe noch nicht alle meine Freunde in China besuchen können. Ich muss noch nach Shanghai und Chengdu. Außerdem bin schon wieder bei meinen Gastgebern in Beijing und Jining eingeladen.
Ich bin immer noch begeistert von China, auch wenn ich mit einem kritischen Auge auf das politische Regime schauen muss. Doch ändert das nichts an meiner Begeisterung für Land und Leute. Denn so freundlich wie in China bin ich selten aufgenommen worden und ich würde sagen in Europa bin ich schon weit rumgekommen.
Ich werde auf eigene Faust versuchen, so bald wie möglich wieder nach China zu kommen.